«Auf der Herzebene wahrnehmen»

Ebikon, 18. Dezember 2016 – Sich mit dem eigenen Herzen zu verbinden, holt innere Weisheit ins Bewusstsein. Shiatsu-Dozentin Doris Mutter im Interview.

Shiatsu-Dozentin Doris Mutter hat das Modul «Durchs Herz zum Qi» entwickelt. Shiatsu-TherapeutInnen erfahren Möglichkeiten, ihre Präsenz zu erhöhen: die innere Weisheit ins Bewusstsein zu holen.

Doris, durchs Herz zum Qi: Heisst das, vor allem mit dem Herz-Meridian zu arbeiten?

Nein, überhaupt nicht. Es geht mir in diesem Kurs um die Grundlage, um die Essenz unserer Arbeit mit Shiatsu: bei uns selbst zu sein – bei unserem Herzen –, um uns da aus auszurichten auf unser Gegenüber. Wenn wir nämlich ganz bei uns selbst sind, also diese Verbindung zu unserem eigenen Herzen haben, dann ereignet sich diese Ausrichtung auf die KlientIn – auf ihr Herz – wie von selbst. Das ist Präsenz. Doch wie erreichen wir diese Präsenz, wie verbinden wir uns mit unserem eigenen Herzen?

Das zu lernen scheint nicht nur fürs Shiatsu wichtig.

Ja, das hat was, diese Verbindung mit dem eigenen Herzen hilft sicher auch persönlich, auch im Alltag. Als Shiatsu-TherapeutInnen stehen wir zusätzlich vor der Herausforderung, diese Präsenz während der ganzen Shiatsuarbeit zu halten. Oder ohne mit diesem Begriff der Herausforderung zu sprechen: Wir wollen während der ganzen Shiatsuarbeit präsent sein. Denn dies ist die Voraussetzung, um die KlientIn auf der Herzebene überhaupt wahrzunehmen und zu erkennen.

Lernt man das nicht in der Grundausbildung?

Ja, natürlich, da lernen wir, aus unserer Mitte, dem Hara, heraus zu arbeiten. Doch gibt es weitere Möglichkeiten, und die lernen und üben wir in dieser Weiterbildung. So werden wir immer klarer darin zu erkennen, was eine bestimmten KlientIn von mir als TherapeutIn benötigt – in einem bestimmten Moment, in ihrer spezifischen Situation mit ihren ganz eigenen Themen. Konkret kann das dann ein bestimmter Meridian sein, zum Beispiel eben der Herz-Meridian, nach dem du am Anfang gefragt hast, oder ein energetisches Feld, ein Himmelsfenster-Punkt, eine Bewegung, eine bestimmte Berührung einer Stelle und so weiter.

Masunaga soll gesagt haben: «Im Zen lassen sich Antworten nicht durch den Verstand finden.» Inwiefern kommt da das Herz ins Spiel?

Ja, das gefällt mir, Zen hat nichts mit Verstand zu tun. Zen ist Bewusstsein, ist Stille. Verstand ist nicht still. Verstand ist das, was dir anerzogen wurde. Wir alle sind ja sehr stark von unserem Verstand beherrscht, und wir sind uns dessen kaum bewusst. Wenn wir – gerade als Shiatsu-TherapeutInnen – lernen, uns aus dem Verstand heraus zu lösen und uns mit unserem Bewusstsein zu verbinden, finden wir Zugang zu unserer inneren Weisheit, die immer schon da war, aber meistens nicht bewusst gelebt wurde. Das Herz spielt eine grosse Rolle dabei, diese innere Weisheit ins Bewusstsein zu holen.

Du unterrichtest ja auch Shiatsu Basis. Inwiefern spielt das Herz bereits im Unterricht der Shiatsu-BeginnerInnen eine Rolle?

Ich hoffe schon sehr, dass ich diese Herz-Qualität bereits meinen Shiatsu-Basis-StudentInnen vermitteln kann. Ausserdem, mit Freude, ja gar Herzblut etwas zu lernen, das hat ja auch mit dem Herzen zu tun. Klar, im Basis-Kurs werden die StudentInnen halt stark mit der eigenen Körperhaltung konfrontiert, und für viele ist das nicht auf Anhieb einfach, es braucht ein wenig. Sie sind dann stark im Kopf, im Lernen, sozusagen im Verstand. Da liegt schon noch ein gewisser Weg vom Verstand ins Herz, vom Tun ins Nichtstun, Wu Wei.

Das Herz und dieses Nichtstun, das du soeben angesprochen hast, dieses berühmte Wu Wei, die gehen also zusammen?

Es ist ein Zustand innerer Stille, und in dieser inneren Stille ist man verbunden mit sich selbst, mit seinem Herzen, losgelöst von Wollen und Tun-Müssen. Wir haben ja am Anfang über Präsenz gesprochen. Genau das ist es. Du passt dich den gegebenen Situationen intuitiv an und handelst daraus entsprechend. 

Was lerne ich in deiner Weiterbildung «Shiatsu – durchs Herz zum Qi»? Wem empfiehlst du diese Weiterbildung?

Die TeilnehmerInnen erarbeiten sich Möglichkeiten, erhalten Werkzeuge, um sich selbst auf eine andere Art, auf einer anderen Ebene kennenzulernen. Weg von der Identifikation über den Verstand, hin zu mehr Bewusstsein. Das Ziel ist, aus diesem Bewusstsein heraus der KlientIn wirklich zu begegnen und auf dieser Herz-Ebene mit Shiatsu zu arbeiten. Und, natürlich, im besten Fall dieses Bewusstsein auch im Alltag zu leben. Was jede StudentIn dabei für sich lernt, liegt natürlich alleine bei ihr. 

Danke für das Gespräch, Doris!

 

Doris Mutter, damals Verkäuferin, sah am Infoabend vom Mai 2001 den Shiatsu-Film von Ulrike und Peter, und ihr wurde klar, wohin ihre Reise geht. Doris ist jetzt dipl. Shiatsu-Therapeutin und KomplementärTherapeutin der OdA KTTC Methode Shiatsu, Dozentin und Prüfungsexpertin. Doris führt ihre Shiatsu-Praxis in Hochdorf.

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