Langanhaltende Berührungen

Ebikon, 3. Juli 2020 — Wie hilft Shiatsu bei Unruhe? Dozentin Doris Mutter über Nichts-Tun, entspanntes Schauen, Ankommen und Berühren.

Doris Mutter: Die Spannungen finden, die Stagnationen und leeren Stellen. Und Worte und Berührungen dazu – das alles geschieht durch Bo shin, entspanntes Schauen.

Unsere Shiatsu-Dozentin Doris Mutter schreibt:

Bei Unruhe, Hektik, Stress – Durch Shiatsu die innere Stille erreichen

Im Daoismus wird der Zustand der inneren Stille «Wu wei» genannt. Diese innere Stille ist für die Arbeit als Shiatsu-TherapeutIn grundlegend. Denn aus diesem Wu wei entspringt das «Nichts-Tun».

Was ist dieses Nichts-Tun?

Es erlaubt mir, das Richtige zu tun. Dieses «Nichts-Tun» hat nichts mit Unaufmerksamkeit, Gedankenlosigkeit oder gar Nachlässigkeit zu tun. Im Gegenteil: Es ist der Zustand, der mich hoch präsent und achtsam sein lässt. Meines Erachtens ist dieses Nichts-Tun die Grundlage für eine erfolgreiche Shiatsu-Sitzung, und es ist die Grundlage, um die KlientIn von Beginn an bis zum Ende an diesem stillen Raum des Shiatsu teilhaben zu lassen. Das beginnt bei der Begrüssung und dauert bis zu dem Moment, in dem wir uns gegenseitig wieder verabschieden.

Nichts-Tun: Mein eigener stiller Raum dehnt sich quasi aus, und lässt mein Gegenüber auf natürliche Weise ruhiger, stiller werden. Nichts-Tun kann also sehr ansteckend sein. :-)

 

Ankommen
Ein weiterer Schritt ist, dass ich meine KlientIn dazu auffordere, bewusst im Therapieraum anzukommen, ihren Körper in der Verbindung zum Boden zu spüren, ihren Atem zu beobachten, den Geräuschen zu lauschen usw. All dies und noch viele ähnliche der KlientIn und zur Situation passende Instrumente helfen, vom Kopf zum Körper zu kommen. Sobald nämlich der Fokus übergegangen ist in ein kommentarloses Beobachten, bleibt man nicht weiter in den Gedanken hängen. Die Gedanken sind zwar noch da, doch jetzt kommen sie, ohne dass sie Beachtung erhalten, und so gehen sie, ziehen vorbei.

Dass im Shiatsu keine unnötigen Worte gesprochen werden, ist eine weitere Notwendigkeit für Ruhe. Die Arbeit geschieht in der Stille. Das heisst jedoch nicht, dass ich mit meinem Gegenüber nicht spreche. Das passende Wort, die richtige Frage, der richtige Hinweis – alles im richtigen Moment – kann sehr hilfreich und von grosser Bedeutung für das Aufbauen von Stille sein, oder um die KlientIn aufzumuntern, Körperspannungen oder Gedanken loszulassen. Manchmal ist es auch richtig, die KlientIn nochmals daran zu erinnern, den eigenen Atem zu beobachten, die Verbindung zur Erde zu spüren usw. Denn das Gedankenkarussell kann sehr eigensinnig sein, und es mag es nicht, in seiner Herrschaft unterbrochen zu werden. Gedanken haben eine starke Abneigung gegen das stille Beobachten des Atems, gegen das stille Spüren der Verbindung zur Erde. Denn sie, die Gedanken und ihr Karussell, verlieren an Bedeutung.

Das Schöne an Shiatsu: Worte oder Hinweise müssen nicht, oder eher nur selten, tatsächlich ausgesprochen werden, denn Shiatsu ereignet sich auf der energetischen Ebene. Das heisst, während der ganzen Shiatsu-Behandlung bin ich gewissermassen in einem lautlosen Gespräch mit meiner KlientIn. Auf dieser nonverbalen Ebene kann ich die KlientIn zu all dem auffordern, was ich oben bereits beschrieben habe.

 

Berührungen
Die richtigen Berührungen sind ein weiterer wichtiger Aspekt, um jemanden zu beruhigen. Diese sind immer sehr achtsam und den Bedürfnissen der Shiatsu-Empfangenden angepasst.

Wie und wo berührt werden darf, geschieht durch «Bo Shin», das ist «entspanntes Schauen». Ich lasse mich überraschen, was der Körper meines Gegenübers mir nonverbal mitteilt. Wo sich zum Beispiel Unruhe in seinem Körper manifestiert. Wo Spannungen, Stagnationen und leere Stellen, «Kyos», sind.

Dieses Bo Shin, übrigens, bringt mir auch diese inneren Bilder, die passenden Worte, Fragen, Hinweise, den nonverbalen Dialog. Durch das entspannte Schauen „weiss“ ich, was der KlientIn entspricht. Das kann alles Mögliche sein, auch eine Farbe, ein Ort, was auch immer.

Shiatsu also: Alleine durch meine Wahrnehmung – und weil ich die Situationen annehme, so wie sie sind und ich sie weder als richtig noch als falsch bewerte –, kann über meine stille, ungeteilte Beobachtung bei meinem Gegenüber bereits etwas passieren. Es ist eine «nichtphysische» Berührung. Sie geschieht schon, bevor ich die Stelle mit meinen Händen berühre. Und sie hält auch während des Kontaktes und noch lange darüber hinaus an.

Oftmals helfen bei Unruhe tiefe, langanhaltende Berührungen. Vielleicht beruhigt ein sanftes Wiegen die entsprechende Körperstelle. Vielleicht braucht es ein inneres Bild, das ich dem Körper anbiete, um ruhiger zu werden. Oder eine energetische Bewegung, die körperlich kaum wahrnehmbar ist, um das Qi aus einem Unruheherd hinaus zu zerstreuen. Qi folgt immer der Aufmerksamkeit.

Nicht selten erlebe ich KlientInnen, deren Unruhe und Angespanntheit so ausgeprägt sind, dass als erstes ihr Qi stark bewegt werden muss, damit es ihnen überhaupt möglich wird, physisch und energetisch loszulassen.

Das kann manchmal mehreren Sitzungen dauern, manchmal genügt es, diese starken Qi-Bewegungen auch nur kurz zu Beginn einer Sitzung einzubringen.

Bei Unruhe nicht zu unterschätzen sind folgende Hilfsmittel:
•    Das Gewicht und die Wärme einer Decke
•    Bei Behandlung auf dem Rücken: ein Lavendel-Kissen auf den Augen
•    Die KlientIn auch auf dem Bauch liegen lassen
•    Leise Musik im Hintergrund
•    Dezenter, beruhigender Duft – zum Beispiel Lavendel
•    Gedämpftes Licht

Manchmal zeigt sich die geistige Unruhe auch an ständigem Daherreden der KlientIn. Es ist jedoch tatsächlich noch nie passiert, dass ich jemanden zum Stillsein auffordern musste. Es reichte jeweils, dass meine Antworten immer kürzer wurden, die Antworten immer länger auf sich warten liessen. Eine bewährte Methode, um den Worten Einhalt zu gebieten. 

Die Möglichkeiten zum Beruhigen einer KlientIn sind mit diesen Aufzählungen bei weitem nicht vollständig. 

Die beste Voraussetzung für ein gutes Shiatsu ist jedoch der eigene stille Raum, in dem die Shiatsu-TherapeutIn bei sich selbst zu Hause ist.

Doris Mutter, Dipl. Shiatsu-Therapeutin, KomplementärTherapeutin der OdA KT Methode Shiatsu mit eigener Shiatsu-Praxis: www.shiatsu-doris-mutter.com

 


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