«Es sind lauter kleine Peanuts, die mich erfüllen»

Ebikon, 4. März 2021 – Dankbarkeit, was ist das? Unsere DozentInnen für Berufskompetenzen antworten – und geben Tipps.

Man kann über so vieles dankbar sein, und das wirkt Wunder, bringt Freude und Leichtigkeit. Bild: Oldiefan, Pixabay

André Gassmann, was sind überhaupt Dank und Dankbarkeit? Warum sind Dank und Dankbarkeit wichtig?

Das Danken tritt in unser Leben, bevor wir seine Bedeutung erfassen. Ich zumindest hatte das «Sag danke» meiner Mutter im Ohr, als ich ein kleines Kind war. Im Austausch für etwas, das ich erhalten habe oder als reiner Akt der Höflichkeit jeweils dann, wenn mir das Erhaltene gar nicht gefallen hat. Der Dank ist die nach innen oder aussen artikulierte Form der Dankbarkeit. Erhalten wir beispielsweise ein Geschenk, das uns gefällt, folgt Dankbarkeit als Reaktion auf diesen äusseren Reiz, das «Danke» oder die herzliche Umarmung gelingt uns einfach. Anders, wenn wir uns in herausfordernden Situationen befinden oder uns das Leben schwierig erscheint. Wo die äusseren Reize fehlen, wirkt das innere Gefühl der Dankbarkeit wahre Wunder. Es lenkt den Fokus auf jene Dinge, die sind, lässt uns ruhig werden und gleicht aus. Und weil sich Dankbarkeit nach aussen spiegelt, profitieren unsere Mitmenschen davon. Dankbarkeit steckt an, ähnlich wie ein Lächeln. In Gesellschaft dankbarer Menschen schwingt Freude, Leichtigkeit und Zufriedenheit mit und wir fühlen uns automatisch wohl. Ein Trick ist es, täglich für vieles dankbar zu sein, um am Ende des Tages so richtig erfüllt zu sein. Ein von Herzen formuliertes «Danke» beim Bezahlen an der Kasse hallt bei sich und beim Gegenüber nach, wetten? 

Franziska Bischof-Jäggi, sind Dank und Dankbarkeit auch von der Beziehung abhängig, zum Beispiel zeigt sich Dankbarkeit in einer Eltern-Kind-Beziehung anders als, sagen wir, in einer Freundschaft?

Dankbarkeit ist eine Haltung, eine lebensbejahende Einstellung, mir, dem Leben, meinen Nächsten und weiteren Begegnungen gegenüber. Dankbarkeit ist deshalb auch nie Mittel zum Zweck: «Ich bin dir dankbar, wenn du den Müll rausbringst» – das wäre Pseudodankbarkeit, weil nicht ehrlich und nicht fair. Häufig wird Dankbarkeit mit Erwartungen verknüpft: Ich bin dir dankbar und erwarte auch Dankbarkeit. So eine Dankbarkeit ist aus dem Kopf formuliert und spricht nicht aus dem Herzen. Eine Dankbarkeit, die aus dem Herzen kommt, spricht das andere Herz automatisch an und wirkt, weil sich nämlich Dankbarkeit auch in einem entsprechenden Gesichtsausdruck, in einer entspannten, offenen Körperhaltung und in der Stimmlage zeigt. Das Gegenüber nimmt diese Haltung wahr und reagiert unweigerlich, weil seine Spiegelneuronen aktiv werden. Selbst wenn die Dankbarkeit nur gedacht, nicht aber ausgesprochen wird, überträgt sich das auf uns und entsprechend auch auf unser Gegenüber. So einfach und so hilfreich und bereichernd für alle!

Selbstverständlich habe ich in der Eltern-Kind-Beziehung auch eine Vorbildfunktion. So ist es mir sehr wichtig, genau diese lebensbejahende Einstellung, diese positive Haltung vorzuleben. Dazu gehört auch zu zeigen, wie ich mit Fehlern und Missgeschicken von mir und meinem Gegenüber umgehe und aus einer Situation lernen kann und auch dafür wiederum dankbar sein kann. Das tönt vielleicht rosarot, meint konkret ganz einfach: Wie mache ich aus dem Moment das Optimum und lebe Pragmatismus und stehe voll und ganz dahinter, indem ich mich, mein Leben, meine Umstände bejahe – eben dankbar dafür bin, dass es ist, wie es ist. Gegenüber FreundInnen habe ich diese Vorbildfunktion nicht. Selbstverständlich bereichert es eine Freundschaft, wenn Dankbarkeit mit im Spiel ist, und noch bereichernder ist es, wenn sie auf Gegenseitigkeit beruht.

Karin Tanner, kann ich auch gegenüber mir selber dankbar sein? Mir also selber danken?

Unbedingt, denn alles beginnt immer bei sich selber. 

Danken heisst den Wert schätzen. Sich bewusst zu machen, für was man sich selber dankbar ist, ist wundervolle Nahrung für den Selbstwert.

Damit dies leicht gelingt, darfst du auch mal einen neuen Blick auf dich selber werfen. Dankbarkeit zelebrieren, besonders auch für die kleinen selbstverständlichen Dinge. 

Ein Danke, dass du dir Zeit genommen hast, den Vogel zu beobachten. 

Ein Danke, dass du wieder mal entdeckt hast, dass du dir mehr Raum nehmen darfst.

Ein Danke, dass dein Körper dir zeigt, was er braucht und dich durch den Tag trägt.

Ein Danke für einen tiefen Atemzug.

Es geht dabei nicht um Leistung, denn du bist nicht durch die Leistung wertvoll, sondern weil du bist.

Die Wissenschaft hat entdeckt, dass Dankbarkeit die Energiefrequenz erhöht und Impulse für die Selbstheilung gibt. Wunderbar, nicht wahr?

Monika Lanz, wie danke ich? Und wie gelingt es mir selber, ein Danke anzunehmen?

Wie danken? – Eigentlich müsste ein Danke, das wirklich eins ist, ganz automatisch gehen, und somit steht jede denkbare Variante offen.

Ein wahres Danke ist geradezu ein inneres Bedürfnis; eine Emotion, ausgelöst durch eine Erleichterung, eine Überraschung vielleicht oder was immer. Und so sind auch den Möglichkeiten kaum Grenzen gesetzt.

Wenn – wie gerade zu Pandemie-Zeiten – das Gegenüber nicht persönlich erreichbar ist, könnte ein per Kurier zugestellter Rosenstrauss eine Variante sein; ein Brief sogar?

Wenn wir uns wirklich gegenüber stehen, so müssen es nicht einmal Worte sein. Wenn, dann möglichst keine abgeschmackten. Vielleicht ein «Wie schön ist das denn? Das freut mich sehr» als Danke?

Ebenso aussagekräftig sind für mich ein freudiger, überraschter Gesichtsausdruck; ein detailliertes wortloses Betrachten im Falle eines Geschenkes. Und dann womöglich noch der Ausdruck darüber, warum ich dankbar bin, zum Beispiel: «Wie weisst du, dass ich mich genau dafür interessiere?»

Auch ein überwältigtes Schweigen ist mir schon als tausendfach wertvolleres Danke entgegengekommen als gelernte Floskeln. 

Du siehst: Authentisch bleiben, nicht hinterfragen, Ausdruck bis hin zu Körperhaltung der Emotion folgen lassen: Echtheit, das ist’s, wenn du mich fragst, wie ich danken kann. – Danke fürs lange Zulesen.

Zur Frage, wie ich selbst einen Dank annehmen kann: Kannst du dich selbst wertschätzen? Einen Dank egal welcher Art anzunehmen, wirklich in sich aufzunehmen, bedeutet aus meiner Erfahrung, offen zu sein dafür. Dies sind wir dann, wenn wir zum eigenen Wert stehen und das, was wir geschenkt, gesagt, getan haben, auch wirklich so wollten, so meinten. Das tun nicht alle. Doch wenn, dann darf ein echtes Danke doch auch einfach Balsam sein. Mit Hochmut hat das nichts zu tun; vielmehr mit dem Können, etwas zu geben und etwas wieder anzunehmen.

Nicht immer kommt der Dank direkt oder von dort her, wo ich etwas «investiert» habe. Manchmal kommt das Glück ganz anderswie zurück. Dieses wird umso erfreulicher sein, als ich mir zugestehen kann: Ich hab’s auch verdient. Yin und Yang im Einklang. Danke. Gern geschehen.

Robert Wirz, wenn es mir eigentlich gar nicht gut geht – wie soll ich da dankbar sein?

Ich bin auch in schwierigen Situationen dankbar, weil ich grundsätzlich eher das halb volle als das halb leere Glas sehe. Lebenslang bin ich dankbar, weil das Schicksal es gut mit meiner Gesundheit, meiner Energie gemeint hat. Damit habe ich schon mal grosse Ressourcen, um Krisen zu bewältigen. Wenn ich dann noch von meiner Familie und Freunden unterstützt werde, ist das doch Grund zum Dankbar-Sein. Und dann atme ich tief durch und versuche meine Enttäuschung einzuordnen, auch das ist eine Ressource – dann geht es mir besser.

Zum Abschluss: Wofür wart ihr zuletzt so richtig dankbar?

André Gassmann: Das geht bei mir denkbar einfach. Es sind die kleinen Dinge, die sich summieren. Jedes Mal, wenn ich etwas essen darf, bin ich sehr dankbar. Gestern habe ich mich über gebratene Süsskartoffeln, ein Spiegelei und Raclettekäse gefreut. Dankbar bin ich auch meiner Yogalehrerin und Zoom für die frühen Teachings, damit ich geistig, seelisch und körperlich geschmeidig bleibe. Ich danke auch täglich mir selbst für einen liebevollen Umgang mit mir.

Franziska Bischof-Jäggi: Für ein feines Essen, für einen schön gedeckten Tisch, für eine angezündete Kerze im Eingangsbereich, die mich begrüsste beim Heimkommen, für eine aufgestellte HPS-Klasse, für die ersten Schneeglöckchen, die hervorgucken, für so viel Sonne im Moment, für unseren Kater, der uns 14 Jahre begleitet hat und den wir nun von einem Leiden erlösen durften, für ein wunderbares Mail einer Freundin, für einen Lachanfall mit einer Kundin zusammen … ach, eigentlich sind es lauter solche kleine Peanuts, die mich erfüllen und die mich stärken, auch Herausforderungen mit einer entsprechenden Leichtigkeit – weil positiver Grundhaltung – gegenüberzutreten.

Monika Lanz: Während vieles nicht mehr so zu sein scheint wie immer: Ein schöner Sonnenaufgang am frühen Morgen lässt sich davon nicht beirren. Mir raubt manch einer den Atem. Die Stille dazu. Die Unberührtheit eines neuen Tages, den wir immer wieder selber neu «beschreiben» können. Wow. — Und die aufgehenden Blumen, die Apfelernte letzten Herbst; eine Klientin, die aus neu erwachtem Willen und eigener Kraft ihre Situation verbessert, der..., die...
Dankbar war und bin ich dem Leben überhaupt als Überbegriff für so viele Wunder, für Bewegung, für die Aufs und halt auch mal Abs, damit neue Aufs folgen können. Danke!

André Gassmann

MAS Communication Management, PR-Fachmann, Zeremonie- und Ritualleiter, Synergie-Coach, eigene Praxis für Coaching und Beratung, www.dieheldenfluesterer.ch

Franziska Bischof-Jäggi

lic. phil., Co-Ressortleitung M4: Sozialwissenschaftliche Grundlagen; Pädagogische Psychologin, dipl. Paar- und Familientherapeutin, Mediatorin SKWM, Inhaberin Powermanagement GmbH, Autorin, www.powermanagement.ch

Karin Tanner

Co-Ressortleitung M4: Sozialwissenschaftliche Grundlagen; MAS für lösungsorientiertes systemisches Coachen und Beraten, Sozialarbeiterin, dipl. Shiatsu-Therapeutin, Marketingfachfrau, Zeremonie- und Ritualleiterin, Synergie-Coach sowie eigene Praxis für Coaching und Beratung, www.dieheldenfluesterer.ch

Monika Lanz

Dozentin FH, dipl. Bioenergie-Therapeutin, arbeitet mit ZRM (Zürcher Ressourcen Modell), Psychologieabschluss ISAP: Tiefenpsychologie, eigene Praxis, www.panoptimum.ch

Robert Wirz

Dipl. Psychologe, lic.phil. und Dipl. Heilpädagoge, Dozent und Supervisor, Mitarbeit in der Berufsentwicklung HFP Komplementärtherapie, Ausbildungsleiter SVEB, Inhaber Seminar-Hotel Rigi, Weggis, www.hotelrigi.ch

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