Kanton Luzern: Bewilligungspflicht für NaturheilpraktikerInnen

Ebikon, 8. März 2021 – Seit 1. Januar 2021 gilt im Kanton Luzern eine Berufsausübungsbewilligungspflicht (BAB) für NaturheilpraktikerInnen (NHP). Was es damit auf sich hat.

Schulleiter Hein Zalokar hat sich die Berufsausübungsbewilligungspflicht im Kanton Luzern genau angeschaut und sieht sie grundsätzlich positiv. Foto: Christoph Schumacher

Im Kanton Luzern gilt seit 1. Januar 2021 eine Berufsausübungsbewilligungspflicht (BAB) für NaturheilpraktikerInnen (NHP). Der Verein Luzerner Naturheilkunde hat zusammen mit dem Luzerner Gesundheitsdepartement ein Merkblatt dazu verfasst, hier. Was das bedeutet, auch für die Ausbildungen der Heilpraktikerschule Luzern: Hein Zalokar von der Schulleitung im Gespräch.
 

Hein, was ist neu bewilligungspflichtig?

Seit 1. Januar 2021 sind sämtliche Tätigkeiten von NaturheilpraktikerInnen mit eidg. Diplom in den Fachrichtungen Ayurveda-Medizin, Homöopathie, TCM und TEN bewilligungspflichtig. Auch bewilligungspflichtig ist die Ausübung des Berufs Med. MasseurIn.

Wer erhält eine Bewilligung?

Eine Bewilligung erhält, wer über ein Zertifikat AM oder einen eidg. Abschluss in einer dieser Tätigkeiten verfügt.

Was ist mit NaturheilpraktikerInnen, die diese Tätigkeiten bereits vor dem 1. Januar 2021 ausgeübt haben und nicht über einen eidg. Abschluss verfügen?

Auch für sie gilt die neue Bewilligungspflicht. Für diese TherapeutInnen gibt es Übergangsbestimmungen, geregelt in der Gesundheitsberufsverordnung (GbV) § 47a Ziff. 2: Demnach können TherapeutInnen, die vor dem 1. Januar 2021 mit einer der nachfolgenden Methoden beim EMR registriert waren, bis spätestens 30. Juni 2021 eine unbefristete Berufsausübungsbewilligung beantragen, auch ohne eidg. Diplom:

  • Ayurveda-Medizin (EMR Nr. 22)

  • klassische Homöopathie (EMR Nr. 91)

  • naturheilkundliche Praktiken (EMR Nr. 131)

  • TCM im Bereich Ammo/TuiNa (EMR Nr. 185 + 9)

  • TCM im Bereich Phytotherapie (EMR Nr. 185 + 146)

Alles zu den Übergangsbestimmungen und den Gesuchs-Formularen zur BAB hat der Verein Luzerner Naturheilkunde mit dem Luzerner Gesundheitsdepartement in einem Merkblatt aufgestellt, hier.

Was ist, wenn jemand keine Bewilligung beantragt?

Dann darf diejenige Person ihre Tätigkeit noch während längstens fünf Jahren bis zum 31. Dezember 2025 ausüben. Danach benötigt sie eine BAB oder muss ihre Tätigkeit einstellen (siehe §64a Ziff. 1 GesG).

Das heisst, sämtliche Tätigkeiten von NaturheilpraktikerInnen mit eidg. Diplom und von Med. MasseurInnen mit eidg. FA sind bewilligungspflichtig. Das würde ja bedeuten, dass zum Beispiel klassische Massage alleine nicht mehr erlaubt ist?

Doch. Der Kanton Luzern hat eine ganze Reihe von Tätigkeiten, die nicht bewilligungspflichtig sind, so auch klassische Massage als einzelne Fachrichtung. Dies ist in der «Verordnung über nicht bewilligungspflichtige Tätigkeiten im Gesundheitswesen» (NBTV) (SRL 806b) geregelt. Die relevanten Paragraphen dazu:

§1

1 Die Verordnung regelt die fachlich eigenverantwortliche Ausübung von nicht bewilligungspflichtigen Tätigkeiten im Gesundheitswesen. Sie gilt insbesondere für *

a. *    Methoden der Komplementärtherapie,

b. *    Angebote zur Förderung der Gesundheit, der Leistungsfähigkeit und des Wohlbefindens, wie Massagepraktiken (Fitness-, Sport- und klassische Massagen, Reflexzonenmassagen usw.), Kneipp-Anwendungen, Wickel und Umschläge und östliche Bewegungstherapien (Qigong, Tai-Chi, Yoga usw.)

§9 Verbotene Tätigkeiten

1 Personen, die einen nicht bewilligungspflichtigen Beruf im Gesundheitswesen ausüben, dürfen keine Handlungen vornehmen, die Fachkenntnisse eines universitären Medizinalberufes oder eines bewilligungspflichtigen Gesundheitsberufes voraussetzen. Darunter fallen insbesondere *

e. *    invasive, ausleitende und arzneimittelbasierte Methoden oder Verfahren der Naturheilpraktik.

§ 10 Anwendung und Abgabe von Arzneimitteln *

1 Personen, die einen nicht bewilligungspflichtigen Beruf im Gesundheitswesen ausüben, ist die Anwendung von Arzneimitteln der Abgabekategorie E im Rahmen der Berufsausübung erlaubt *

2 Die Anwendung von Arzneimitteln anderer Kategorien sowie die Abgabe von Arzneimitteln im Rahmen der Berufsausübung ist verboten. *

Was heisst das?

Konkret leiten wir daraus drei Dinge ab:

Erstens, alle Methoden der Komplementärtherapie sind nicht bewilligungspflichtig.

Zweitens sind beispielsweise die Methoden klassische Massage, Fussreflexzonen-Massage, manuelle Lymphdrainage, Faszien- und Bindegewebstherapie, Ayurveda-Massage, Ayurveda-Ernährung, Diätetik West-TCM, Ernährung nach den 5 Elementen, QiGong und Ernährungscoach nicht bewilligungspflichtig, wenn sie im Rahmen der Förderung der Gesundheit ausgeübt werden.

Und drittens dürfen zum Beispiel Bachblüten (Abgabekategorie E) ohne Bewilligung angewendet werden.

Zudem orientiert sich die Luzerner Dienststelle Gesundheit und Sport an der EMR-Liste, wie uns auf Anfrage mitgeteilt wurde. Welche Methoden bewilligungspflichtig sind, leitet sich nach unserem Verständnis also von den Übergangsbestimmungen der Gesundheitsberufsverordnung (GbV) § 47a Ziff. 2 ab, da hier die EMR-Methodengruppen-Nummern 22, 91, 131, 185 + 5 und 185 + 9 aufgeführt werden. Demnach sind all diejenigen EMR-Nummern bewilligungspflichtig, die in den Übergangsbestimmungen aufgeführt sind. Alle anderen hingegen sind nicht bewilligungspflichtig.

Ein Beispiel?

Ein Beispiel ist Ayurveda-Ernährungsberatung: Im Rahmen der Methodengruppen-Nr. 22 hat Ayurveda-Ernährungsberatung die EMR-Nr. 24 und ist somit bewilligungspflichtig. Hingegen ist Ayurveda-Ernährung auch in den Methoden-Nr. 23 oder 57 zu finden. Diese sind nicht Bestandteil der Methodengruppen-Nr. 22 und daher nicht bewilligungspflichtig.

Welche unserer Ausbildungen brauchen jetzt neu eine BAB?

Das sind unsere Fachausbildungen TuiNa und Phytotherapie West-TCM.

Diese Tätigkeiten fallen seit dem 1. Januar 2021 unter die Bewilligungspflicht. Das leiten wir auch aus den Übergangsbestimmungen der Gesundheitsberufsverordnung (GbV) ab § 47a Ziff. 2 lit. d und e ab, denn die EMR-Methodennummern 185 + 9 und 185 + 146 sind darin explizit erwähnt.

Das bedeutet, dass jene StudentInnen, die aktuell nur die Fachausbildung TuiNa oder nur Phytotherapie West-TCM studieren, im Kanton Luzern ihre Tätigkeit nur dann ausüben dürfen, wenn sie über das Zertifikat AM oder das eidg. Diplom der NaturheilpraktikerIn in TCM im jeweiligen Schwerpunkt Akupunktur/TuiNa oder Chinesische Arzneitherapie verfügen.

Und warum das?

StudentInnen, die bei uns TuiNa respektive Phytotherapie West-TCM abschliessen werden, würden beim EMR die Methoden-Nr. 185 mit 9 respektive die Methoden-Nr. 185 mit 146 registrieren. Diese Methoden-Nummern sind aber Bestandteil der Übergangsbestimmungen für die Bewilligungspflicht: Wenn man diese Tätigkeiten vor dem 1. Januar 2021 bereits ausgeübt hat, reicht man bis zum 30. Juni 2021 beim Kanton ein Gesuch ein und erhält eine unbefristete BAB. Wenn man diese Tätigkeit aber vor dem 1. Januar 2021 noch nicht ausgeübt hat, dann braucht man ein Zertifikat AM oder ein eidg. Diplom im entsprechenden Methodenschwerpunkt.

Wie sieht es mit der Bewilligung aus betreffend Praktika und Mentorat?

Als NaturheilpraktikerIn braucht es für das Praktikum unter fachlicher Kontrolle und im Rahmen der Ausbildung keine Bewilligung (siehe §45c Ziff. 1 GbV). Für das Mentorat – in Vorbereitung auf die HFP und auf das eidg. Diplom – braucht es eine Sonderbewilligung vom Kanton. Diese Bewilligung erhält, wer über das Zertifikat der OdA AM verfügt und das Mentorat bei einer von der OdA AM akkreditierten MentorIn macht. Die Sonderbewilligung ist auf fünf Jahre befristet (siehe §45c Ziff. 2 GbV).

Med. MasseurInnen benötigen für das Praktikum keine BAB.

Wie beurteilst du diese neue Regelung des Gesundheitsgesetzes?

Grundsätzlich sehr positiv. Wir dürfen nicht vergessen, dass eine BAB auch Vorteile hat wie zum Beispiel, dass man in einer Praxis, auch wenn man mehr als 100‘000 Franken Umsatz macht, nicht mehrwertsteuerpflichtig ist. Und bei Gemeinschaftspraxen ist das schnell der Fall.

Zum anderen sind viele Tätigkeiten, sofern sie im Rahmen der Gesundheitsförderung ausgeübt werden, nicht bewilligungspflichtig, was auch sehr wichtig ist.

Bleibt für uns der Wehrmutstropfen, dass unsere Ausbildungen TuiNa und Phytotherapie West-TCM «alleine» im Kanton Luzern nicht mehr funktionieren. Aber in anderen Kantonen wie zum Beispiel Zürich schon.

Danke für das Gespräch, Hein.

Gern.

 

 

Weitere Informationen

Verein Luzerner Naturheilkunde

Bewilligungen, Merkblätter, Formulare NaturheilpraktikerIn Kanton Luzern

Bewilligungen, Merkblätter, Formulare Med. MasseurIn Kanton Luzern

SRL 800 – Gesundheitsgesetz (GesG)

SRL 806 – Gesundheitsberufsverordnung (GbV)

SRL 806b – Verordnung über nicht bewilligungspflichtige Tätigkeiten im Gesundheitswesen (NBTV)

NVS Merkblatt Kanton Zürich

https://www.heilpraktikerschule.ch/newsroom/news-detail/news/2021/03/08/kanton-luzern-bewilligungspflicht-fuer-naturheilpraktikerinnen/