«Endlich wieder Klavier»

Ebikon, 29. April 2021 – Seit 13 Monaten Online-Unterricht – wie das so ist, was die Vor-, die Nachteile sind und was ein Klavier damit zu tun hat: Dr. med. Eva Hess, Ressortleiterin WestMed, im Interview.

Dr. med. Eva Hess und ihr Home-Hörsaal.

Eva, seit knapp über einem Jahr unterrichtest du online. Tolle Sache? Oder was sind die Schwierigkeiten am Online-Unterricht?

Na, du bist gut. Ja, das war am Anfang schon eine Herausforderung, mich in diesem neuen Medium zurechtzufinden. Man hat verschiedene Rollen: Du bist Kamerafrau, Regieassistentin, Moderatorin, Dozentin, dazu kommt der Wechsel zwischen den verschiedenen Bildschirmansichten wie z.B. von Powerpoint zur externen Kamera oder zu einer Internetseite und wieder zurück. Das ist schon sehr anspruchsvoll. Vor allem, wenn man nicht einfach nur doziert, sondern mit den StudentInnen zusammen etwas entwickelt, also auch selber mitschreibt, oder mal eine Zeichnung erstellt, um Zusammenhänge besser zu erklären. Auch musst du aufpassen, dass du niemanden übersiehst, wenn jemand etwas sagen will, du siehst ja nicht immer alle StudentInnen gleichzeitig. Und die Unterlagen kannst du auch nicht 1:1 übernehmen, du musst das alles dem neuen Medium anpassen.

Wie hast du diese Schwierigkeiten bewältigt?

Du kriegst graue Haare, und dann geht’s. Nein, ernsthaft, du musst sehr wachsam sein, immer präsent, du coachst die StudentInnen ja auch im Umgang mit den neuen Medien. Momentan mache ich eine Weiterbildung: «Lernprozesse digital unterstützen», an der Lernwerksatt Olten. Das ist eine super Sache, hier lerne ich, neue Methoden einzusetzen, die mir und den StudentInnen helfen, aus dem virtuellen Klassenzimmer das Beste herauszuholen. Zum Beispiel die virtuelle Pinwand Padlet, die ist toll. Damit lässt sich sehr gut interaktiv arbeiten, Informationen lassen sich bündeln, Gruppenarbeiten präsentieren, Brainstorming-Ideen für alle sofort visualisieren. Es unterstützt den Wissensaustausch und regt zum aktiven Mitmachen an. Manchmal frage ich auch einfach, was die StudentInnen für Tools nutzen. 

Musstest du dich da fest einarbeiten in diese Tools? Wie kompliziert sind solche Dinge?

Die sind komplett einfach. Am Montag hatte ich Padlet im Weitebildungskurs kennengelernt. Am Dienstag hatte ich die Erlaubnis von Peter, mit dem Tool zu arbeiten, am Mittwoch habe ich es eingesetzt. Einige StudentInnen waren zwar überfordert, aber nur kurz. Es sind vor allem drei Dinge, die wir im Unterricht nutzen. Es ist keine Zauberkunst. Und es hilft enorm – und die StudentInnen unterstützten sich auch gegenseitig, wenn sie in den Breakout-Sessions arbeiten, also in den Gruppenarbeiten.

Wo liegen die Chancen des Online-Unterrichts für dich als Dozentin? 

Ganz am Anfang unterrichtete ich ja noch aus dem leeren Unterrichtsraum. Jetzt mache ich das von zuhause aus. Da kann ich die Zeit anders nutzen, als im Auto zu sitzen. Zum Beispiel habe ich nach über 30 Jahren wieder angefangen, Klavier zu spielen – und das freut mich sehr. Sozialen Kontakt habe ich ja schon mit den StudentInnen, zwar virtuell, aber doch gut. Auch mit den DozentInnen tausche ich mich aus, telefonisch oder per Skype. Vor Ort, also an der Heilpraktikerschule, sind wir DozentInnen sowieso kaum je gleichzeitig, und wenn, dann sind ja die Pausen gestaffelt, so sehen wir uns kaum. Jetzt habe ich fast mehr Kontakt mit meinen KollegInnen als vorher. Oh, fast vergessen...

...ja?

Gruppenarbeiten! Die sind super online. Da kann ich mich einfach in eine Gruppen hineinklicken und sehen, wie weit sie mit ihren Arbeiten sind, wo sie feststecken und Unterstützung brauchen. Da ist der Kontakt mit den StudentInnen definitiv enger und persönlicher als vormals im Klassenzimmer, wo ich sie einfach in den Gruppen habe arbeiten lassen. Aber online, da klicke ich mich ein und schau, was los ist. Ob das die StudentInnen aber auch gut finden, weiss ich nicht. Vom Gefühl her schon, denn sie trauen sich in den Online-Gruppen viel mehr zu fragen als im Unterrichtsraum vor Ort.

Angenommen, du hättest eine neue KollegIn – welchen Tipp würdest du ihr für den Online-Unterricht geben?

Einfach drauf los, ab ins kalte Wasser. Sich kurz zeigen lassen, wie Zoom funktioniert, eine Viertelstunde reicht. Und drauf los, die Herausforderung annehmen.

Und für StudentInnen, hast du da auch den einen oder anderen Tipp für den Online-Unterricht?

Tja, eigentlich nur den: Seid euch bewusst, dass alle anderen euch in die Wohnung schauen und also sehen, was ihr gerade tut. Ob ihr noch im Bett seid, ob ihr eine Gurkenmaske trägt oder einen Turban um die nassen Haare gewickelt habt – so würde ja kein Mensch auf die Strasse raus oder an einer Ausbildung teilnehmen. Ich als Dozentin bin auch präsent und angezogen. Also wenn mal ein gut aussehender, halbnackter Mann als Mitbewohner einer Studentin im Hintergrund auf dem Bildschirm auftaucht, ist das ja noch amüsant und weckt die Aufmerksamkeit, aber alles andere stört eher.

Danke, Eva.

Über Chirurgie zur Medical Education

Eva Hess hat an der Uni Zürich studiert, gearbeitet hat sie in der Chirurgie, der Inneren Medizin und in der Pädiatrie. Sie interessierte sich schon immer fürs Unterrichten, hat das SVEB II absolviert, das Nachdiplomstudium Medical Education besucht und mehrere Gesundheitsschulen in der Lehrplanentwicklung unterstützt. Für die OdA AM war Eva Hess Chefexpertin für das Modul M1 und mitverantwortlich für die Entwicklung der schriftlichen und praktischen Prüfung. An der Heilpraktikerschule Luzern ist Eva zuständig für das Ressort WestMed und unterrichtet auch selber verschiedene Disziplinen, zum Beispiel Untersuchungstraining sowie Symptome und Differentialdiagnose. Früher hat sie in der Freizeit Hochzeiten fotografiert. Eva lebt mit ihrem Mann zusammen – und sieben Katzen, von denen die eine oder andere auch mal gern über die Tastatur läuft.

So ein Home-Hörsaal besticht oft auch durch die Aussicht.

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