«Zum Beispiel hat Cortison eine zerstreuende Wirkung»

Luzern, 27. Mai 2014 – Kennt man die TCM-Wirkungen schulmedizinischer Medikamente, kann man ihre Nebenwirkungen minimieren. Genau dazu hat Dr. med. Robert Trnoska drei Weiterbildungs-Module entwickelt, die er an der Heilpraktikerschule Luzern unterrichtet.

Nebenwirkungen schulmedizinischer Medikamente lassen sich mildern. Welche Kräuter dazu geeignet sind, das unterrichtet Dr. med. Robert Trnoska an der Heilpraktikerschule Luzern.

Robert, du bist Doktor der Schulmedizin: Wie wichtig sind schulmedizinische Medikamente? 

Dr. med. Robert Trnoska: Diese Medikamente haben ebenso ihre Bedeutung wie andere Therapieformen, wie beispielsweise eben die Phytotherapie. Letztlich entscheidet jede PatientIn selbst über die persönliche Wichtigkeit der schulmedizinischen Medikamente für sich – schliesslich wählt jeder selbstverantwortlich, was sie oder er zu sich nimmt. 

Was ist das Problem bei diesen Medikamenten? 

Das Problem ist nicht ihre erwünschte Wirkung – setzt diese ein, ist ja alles bestens. Man merkt jedoch ein vermehrtes Bewusstsein für ihre unerwünschten Nebenwirkungen. Man denke allein an die Häufigkeit von Medikamenten-Rückrufungen oder die Einsatzbeschränkungen vieler Medikamente in letzter Zeit.

Wie kann Phyto West-TCM bei unerwünschten Wirkungen helfen? 

Die Kräutertherapie ist eine wirksame Methode, Nebenwirkungen abzufedern. Ziemlich oft gelingt es auch, den Bedarf an schulmedizinischen Medikamenten auf natürliche Weise zu minimieren, also die Medikamentendosis zu reduzieren, und manchmal können solche Medikamente sogar ganz ersetzt werden. In einigen Fällen schafft man es mittels Phytotherapie auch, bereits verschriebene, also anstehende, jedoch noch nicht angetretene schulmedizinische Therapien völlig zu vermeiden. 

Hast du ein Beispiel? 

Nehmen wir die inhalative, gelegentlich auch als Tabletten einzunehmende Cortisontherapie bei Atemwegserkrankungen – wie etwa bei Asthma bronchiale. Vielfach erlebt man in der Praxis noch sehr junge PatientInnen – teilweise vor dem Schulalter, die bereits auf solche Medikamente eingestellt sind oder werden sollen. Wenn wir um die zerstreuende Funktion von Cortison wissen, gelingt es uns, sowohl dessen Wirkung mittels scharfen Kräutern zu ersetzen als auch dessen Nebenwirkungen durch nährende, also funktionell süsse, und stabilisierende Kräuter zu mildern. 

Lernen das die TeilnehmerInnen deiner Phyto West-TCM- Weiterbildungen?

Genau dies ist unsere Vorgangsweise in den Seminaren. Im Modul «Phyto West-TCM: Hormon- & Chemotherapeutika» wird es auch konkret um die Problematik der Cortison-Nebenwirkungen gehen. Auch im Modul zu Neurologika und dem zu internistischen Medikamenten betrachten wir die TCM-Wirkung der Medikamente, leiten daraus ihre Nebenwirkungen ab und erarbeiten auf dieser Basis Kräutertherapien zur Behandlung.

Es gibt Leute, die sagen, West-TCM sei noch nicht so ausgegoren wie die TCM. Wie siehst du das Verhältnis von TCM und West-TCM? 

Für mich zählt nicht so sehr das Mascherl der Herkunftsnation eines Krautes. Mir geht es vielmehr um die Wirkeigenschaften, die ich für eine Kräuterrezeptur benötige: Wo es eine europäische Pflanze mit den erforderlichen Heilprinzipien gibt, werde ich sie bevorzugen. Ist sie allerdings nicht aus unserem näheren Umkreis verfügbar, so scheue ich mich nicht, chinesische und westliche Kräuter in einer Rezeptur zu mischen. Weder in der chinesischen noch in der westlichen Kräuterheilkunde ist das letzte Wort gesprochen über die Heilwirkung jedes einzelnen Krautes. Ich bin jedoch der Überzeugung, dass mittlerweile zu unseren heimischen Kräutern eine Fülle an Fachliteratur vorliegt, die uns eine vernünftige Beurteilung erlaubt.

Was würdest du jemandem raten, der regelmässig schulmedizinische Medikamente einnehmen muss?

Ich empfinde es als wichtig, laufende Medikamenten-Verordnungen in regelmässigen Abständen zu hinterfragen. Passt die Dosis noch, ist der Bedarf an sich überhaupt noch gegeben? In meiner Rolle als Allgemeinmediziner erkenne ich in diesen Punkten häufig einen Handlungsbedarf. Diese Anpassung der Medikamente sollte im Vorfeld erfolgen, um die Erstellung einer parallelen Kräutertherapie so effektiv wie möglich zu gestalten. 

Profitieren auch TherapeutInnen der Chinesischen Arzneimittel von deinen Phyto West-TCM-Weiterbildungen zu Neurologika, Hormon- und Chemotherapeutika sowie zu internistischen Medikamenten? 

Ja, denn mein Zugang zu dieser Seminarreihe sieht so aus, dass ich diese Medikamente gemäss ihrer TCM-Wirkung erörtere. So erwähnte ich vorhin bereits die zerstreuende Wirkung von Cortison. Wir werden in den Kursen also diese Wirkprinzipien der Medikamente aus dem Blickwinkel der chinesischen Medizin und der ihr eigenen Denkweise betrachten: Gewissermassen integrieren wir die schulmedizinischen Medikamente in eine chinesische Materia medica. Dadurch setzen wir einen Ausgleich zum herrschenden Zeitgeist, der die TCM aus der Sicht der Schulmedizin zu klassifizieren versucht.

Das heisst, pharmakologische Beschreibungen gibt es keine in diesen Kursen?

Nein, wir kommen zum Grossteil ohne solche aus. Vielmehr bringen wir die Medikamente auf die Ebene der TCM und erarbeiten uns Behandlungsstrategien mit vornehmlich westlichen Kräutern. Hierbei ist mein Vorgehen folgendermassen, dass ich neben Einzelkräuter-Besprechungen die Kombination von Pflanzen beschreiben werde: von zwei oder drei Pflanzen und schliesslich zu ganzen Rezepturen.

Wie bist du als Schulmediziner eigentlich zur TCM gekommen? 

Mein Weg war schon immer ein paralleler. Schon während meines Studiums befasste ich mich mit Akupunktur und später dann auch mit der Phyto West-TCM. Ich sehe die beiden nicht als Entweder-Oder, sondern als Entscheidungsmöglichkeiten bei jeder einzelnen PatientIn.

Danke, Robert, für das Gespräch.

 

Dr. med. Robert Trnoska hat Medizin studiert und in Graz promoviert. Parallel dazu hat er sich in TCM ausgebildet, er hat sogar die verschiedenen Formen asiatischer Akupunktur studiert, unter anderem in China und Taiwan. Dabei hat er sich eindringlich mit dem Nei Jing Su Wen und dem Yi Jing auseinandergesetzt. Diese Lektüre – und der Austausch mit Lehrern wie Dr. Wei-Chieh Young, Dr. Richard Tan, Robert Doane und Prof. Ross – haben es ihm ermöglicht, sich tief in die Balance-Akupunktur einzuarbeiten. Mit Blick auf die therapeutische Praxis hat Robert Trnoska seine Erkenntnisse als Weiterbildung für AkupunkteurInnen aufgearbeitet, siehe TCM-Weiterbildung mit Dr. med. Robert Trnoska.

Ein weiterer Schwerpunkt von Robert Trnoska ist die Phyto West-TCM. Dabei fasziniert ihn besonders die Frage: Wie lassen sich die Wirkungen schulmedizinischer Medikamente steigern – und gleichzeitig ihre Nebenwirkungen ausbalancieren? Antworten liefert ihm auch hier die TCM, angewandt auf unsere europäischen Kräuter.

Seine Praxis für Allgemeinmedizin führt er in Tobelbad bei Graz. Er unterrichtet regelmässig Weiterbildungen an der Heilpraktikerschule Luzern.

 

TCM-Weiterbildung
mit Dr. med. Robert Trnoska

Phytotherapie West-TCM, Balance-Akupunktur, Yi Jing (I Ging)

Mit Dr. med. Robert Trnoska
https://www.heilpraktikerschule.ch/newsroom/news-detail/news/2014/05/27/zum-beispiel-hat-cortison-eine-zerstreuende-wirkung